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Sozialkompetenz als Unterrichtsfach
FAQ (frequently asked questions)


KoSo - Was ist das? Ein Fach?

Es ist ein Pflichtfach für die Oberstufe mit jeweils 2 Wochenstunden, und es heißt mit vollem Namen “Kommunikation und Sozialkompetenz”.


Was geschieht in diesem Fach?

Es werden Erfahrungen reflektiert, sodass mehr davon bewusst wird, und es wird Wissen vermittelt und über das Erleben erfahrbar gemacht - und zwar Wissen über das, was in Gesprächen, Gruppen, Teams, Organisationen etc. zwischen Menschen geschieht; dabei werden verschiedene Modelle angeboten (Rangdynamik in Gruppen, Transaktionsanalyse, NLP, TZI = themenzentrierte Interaktion von Ruth Cohn), ausprobiert und auf ihre Brauchbarkeit hin überprüft, um dann in der Zusammenschau wieder die komplexen Situationen erkennbar zu machen, von denen jede dieser Schulen ein Modell zu geben versucht.

Alles, was aktuell ist, kann zum Gegenstand werden, an dem diese Inhalte gelernt werden!


Warum dieses Fach?

Warum nicht? - Es scheint überflüssig zu argumentieren, warum es dieses Fach sehr wohl geben sollte. Sozialkompetenz hat jeder - in unterschiedlicher Ausprägung -, und sie zu erhöhen gehört zu jenem Bildungsziel (Erziehungsziel), das in sämtlichen Lehrplänen und Schulprofilen verschiedenster politischer Couleur unter “Erziehung zum ganzheitlichen Menschen”, “Teamfähigkeit”, “eigenverantwortlicher mündiger .............” usw. subsumiert wird. Eher ist die Frage zu stellen “Wie rechtfertigen wir, wenn es dieses Fach nicht gibt?” Natürlich muss die Arbeit an der Selbstkompetenz und an der Sozialkompetenz ständig in jedem Unterricht enthalten sein (in diesem Sinn ist eben eine Klasse, die mit einem Lehrer an etwas arbeitet, eine “themenzentrierte Gruppe”), aber es macht einen Unterschied, ob wir als Lehrerinnen selbst- und sozialkompetent unterrichten und unseren Unterricht auch nach solchen Kriterien aufbauen - oder ob Zeit und Raum dafür da ist, auch bewusste Lernschritte zu setzen und diese dann in den anderen Fächern auch zu berücksichtigen. Manchmal klingen Fragen nach diesem Fach so, als bestünde die Gefahr, dass Sozialkompetenz damit in diese Doppelstunde “verbannt” wird. Warum sorgt sich niemand, dass Religion und die christliche Grundhaltung nur in die eine Religionsstunde verbannt werden, wenn es eine dafür gibt? Oder dass Ethik in dem Augenblick aus den anderen Fächern verschwindet, wenn sie Gegenstand eines Faches wird?


Und warum gerade in dieser Schule?

Dieses Fach müsste es eben - wie schon erwähnt - in jeder Schule geben. (Es wäre auch im Rahmen der Autonomie an jeder Schule als Wahlpflichtfach möglich, wenn es ausgebildete Lehrer dafür gibt.) Es gibt Gründe dafür:

  • Die Bedeutung für den privaten Bereich: In diesem Fach werden Fähigkeiten trainiert, die für jeden Menschen prinzipiell wichtig sind, es macht kompetenter fürs Leben überhaupt und stellt die Arbeit an einer Gesellschaft des respektvollen und verständnisvollen Umgangs mit dem Anderen (auch im engeren Sinn des Wortes “Anderen”) auf eine wesentlich solidere Basis, als es Appelle an die Nächstenliebe tun. Wir sind noch nicht so weit: Die Nächstenliebe gerät noch schnell ins Wanken, wenn das Stammhirn “Bedrohung” meldet. Für solche Situationen ist es günstig, wenn die Menschen etwas über diese Abläufe wissen und auf kognitivem Weg und auf der Basis von positiven Erfahrungen das erwähnte Stammhirn beruhigen können........
  • Die Bedeutung für den beruflichen Bereich: Die Sozialkompetenz hat großen Einfluss darauf, wie gut Leistungsfähigkeit umgesetzt werden kann. In sämtlichen Führungspositionen werden die sogenannten “soft skills” immer wesentlicher, wobei eine solche Führungsposition auch der Baupolier inne hat für seine Arbeiter, der Geselle für seinen Lehrling...... und wer auch die Abläufe in größeren Einheiten wie in Betrieben, Firmen und Organisationen reflektieren und verstehen kann, der geht vielleicht auch verantwortungsvoller mit jenen Entscheidungen um, welche die Menschen in diesen Betrieben betreffen. Aber auch “unterhalb” der Führungsposition wird beruflicher Erfolg sehr erschwert, wenn jemand nicht gelernt hat, in Gruppen bzw. Teams gut zu kooperieren.
  • Die Bedeutung speziell für Hochbegabte liegt vor allem im Interesse der Gesellschaft (denn für die Kinder selbst gelten die beiden ersten Begründungen): Sie kommen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie Menschen führen, wodurch sie auch Modellwirkung haben können und damit im besten Fall zu Multiplikatoren einer Haltung im Umgang miteinander werden, die sich doch alle für die Gesellschaft wünschen? Je größer der Einfluss ist, den ein Mensch kraft seiner Position und seines Denkvermögens nehmen kann, desto mehr sollten wir uns wünschen, dass er damit verantwortungsbewusst umgehen kann, nicht nur verantwortungsbewusst umgehen will.

Gibt es eine Progression?

Ja. Die Schüler/innen beginnen bei sich selbst, da aus einem gefestigten “Ich” besser die Begegnung mit dem “Du” gestaltet werden kann, und kommen über die Kommunikation in der Zweierkonstellation zur Gruppe und zum Team. Hier geht es um Wahrnehmungsschulung (Selbstbild, Fremdbild, Beobachtungsschulung), um Reflexion eigener Rollen, um Feedback annehmen und geben, um Konzepte wie den Konstruktivismus, um Konfliktlösungstechniken und Empathieschulung etc. Im zweiten Jahr erweitert sich das Feld um die größere Gemeinschaft, die Schule, die Stadt, die Gesellschaft............. aber anstatt z.B. Flüchtlingseinrichtungen einfach zu besuchen, werden mehrere Formen von Flüchtlingseinrichtungen nach bestimmten Kriterien bewertet (Wie arbeiten sie? Welcher Gruppe wollen/sollen sie helfen, mit welchem Auftrag? Wie viel von der erbrachten Leistung hilft tatsächlich denen, für die es die Einrichtung gibt?). Dadurch können die Jugendlichen besser durchschauen lernen, wie eine Gesellschaft sozial GUT agieren kann (z.B. ohne neuerliche Abwertung), um sich so für ein gezieltes soziales Engagement zu entscheiden.


Wird in diesem Fach beurteilt?

Ja, und zwar nach der Bereitschaft, sich auf die Übungen einzulassen, den Mitschülern zur Verfügung zu stehen (bei Beobachtungsaufgaben z.B.), sich einzubringen und zu einem offenen Gesprächsklima beizutragen (durch respektvollen Umgang mit dem Vertrauen der anderen), und nach dem Wissen, das zur Verfügung steht.


Braucht man dafür eine Ausbildung?

Ja! Die Inhalte, die Modelle, aber vor allem deren Umsetzung in Übungen, bei denen dann reflektiert wird, bei denen Fragen auftauchen und bei denen manchmal sehr fein die Grenze berührt wird, wo der Erwachsene die Verantwortung übernehmen muss, damit die Kinder nicht - innerlich - verletzt werden, all das wird in Ausbildungen gelernt, bevor man solche Kurse im außerschulischen Erwachsenenbereich leitet. Warum sollte jemand keine Ausbildung brauchen, der dabei mit Jugendlichen arbeitet? Eine Supervisionsausbildung, Psychagogenausbildung, eine Ausbildung in Gruppendynamik - etwas davon ist meines Erachtens Voraussetzung, würde aber noch nicht genügen: Viel Erfahrung mit Jugendlichen und hohes pädagogisches Verantwortungsgefühl gehören dazu - und wie bei jedem anderen Unterricht: große pädagogische Liebe.....................


Gibt es Literaturhinweise für dieses Fach?

Ja! Man kann sie sich gleich hier ansehen: Bücherliste.


Macht es Spaß, dieses Fach zu unterrichten?

:-)

Renate Wustinger